Hupes Welt 68 - 9. Oktober 2005

   

Knie und Zeitung

So. Ist lange her, dass ich geschrieben habe. Mehr als ein Monat. Aber das wird sich jetzt ändern. Alle vier Wochen. Im Moment sitze ich im Zug von Hamburg nach Köln, am Sonntag Abend. Mit Hunden, Männern mit Bierdosenatem, Frauen mit rheinischem Akzent, Reisegruppen mit Tuppaboxen voller kleiner Fleischpflanzerl, der ganze Zug voller Überfüllung. Herrlich. Wenn da nicht der eher traurige Anlass wäre, der mich in den Zug verschlägt. Denn an sich ist ein Besuch in meiner Geburtsstadt toll, zumal ich später beim Weser in der Fernseh-WG unterkomme. Warum traurig? Das kam von unserem Spiel gestern gegen die Wespen. Das war schon traurig genug: Sieben Gegentore in einem Spiel, so viele wie in allen anderen Spielen zusammen. Dabei wurde ich doch eingekauft, um endlich die Gegentorkonjunktur beim UHC zu stoppen. Das erste Heimspiel mit Licht sollte anders laufen. Und die letzten Wochen waren alles andere als traurig. Außer der Erkenntnis, dass auf der Automesse wirklich nur Autos rumstehen. Eike und ich waren als Talkgäste geladen, im Stundentakt mühten wir uns am Hyundai-Stand die mit kostenlosen Kugelschreibern und T-Shirts angelockten Senioren zu unterhalten. Morgens hin, abends zurück. Mit dem Gefühl einer guten Tat im Gepäck. Schön. Genug Spannungsbogen, ich probiere gerade die Sz-Seite3-Dramturgievarianten aus. Traurig ist es nach Köln zu fahren, weil ich dort zum Arzt muss. Der Arzt an sich ist aber auch noch ein Lichtblick. Es ist ja unser Mannschaftsarzt Rainer. Nur: Wenn ihr, liebe Leser, dies hier also lest, ist klar, ob der Autor wegen eines auf seinen Besitzer stinksauren Meniskus im linken Knie unters Messer muss oder nicht. Zur Untermalung des Augenblicks hält der Zug wieder einmal im Grünen an. „Folgende Züge können in Dortmund nicht warten: ...“. An dieser Stelle will ich mich noch einmal bei meinem Knie einschleimen, wenn nicht genau das gerade das Problem ist. Es kann doch nicht so schwer sein (knapp über 80 Kilo) ein paar Jahre sich zu beugen und zu strecken. Das haben schon ganz andere Knie geschafft. Egal. Alle lesen Zeitung. Früher habe ich in U-, S- und Tram-Bahnen und Bussen die Zeitungsleser bewundert. Und zwar den Profiseitenwechsel: Seite gelesen, Zeitung wird auf Doppelseitenformat geschlagen, die Seiten kurz zusammengelegt, mit den Fingern eine Seite weiterblättern (natürlich ohne feuchte Hilfe), und mit welcher Routine und lässigen Perfektion die Mitte der aufgeschlagenen Doppelseite durch das Ausbreiten der Arme zu sich herangezogen wird und sich dann beide Arme nach vorne strecken, war mir immer ein Rätsel. In einer Bewegung. Ergebnis: Neu aufgeschlagene Seiten, ohne uncoolen Anfängerknickfehler in der Mitte. Wie gebildet muss so jemand sein? Wie oft muss er da üben und nebenbei auch noch die ganzen Texte lesen. Am schwierigsten ist das Umblättern übrigens beim Feuilleton. Einfach ist die ZEIT, die hat das babyeinfache Umklapppapier, das dicke, unverknickbare. Aber am einfachsten: GEO.


  Foto: Herbert Bohlscheid (info@sortfoto.tv)

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